Die israelitische Gemeinde Eiterfeld hatte offensichtlich seit Anfang ihres Bestehens eine Synagoge. Die Schulchronik erwähnt im Jahre 1830 einen Synagogenneubau. Ebenso ist im Staatsarchiv Marburg eine Akte vorhanden, die von einem Neubau der Synagoge berichtet: In den Jahren 1827 – 1830 sei eine Synagoge gebaut worden, weil die Behörden den Abriss des baufälligen Vorgängerbaus gefordert hatten. Geht man davon aus, dass dieser Vorgängerbau bis zur Baufälligkeit ca. 100 Jahre genutzt wurde, so reicht dies in die Anfänge der jüdischen Gemeinde Eiterfeld.
Ausgeführt wurde der Bau von Maurermeister Sebastian Kehl, aus Oberufhausen. Er übernahm die Maurer- sowie Schreinerarbeiten. Folgendes wurde vereinbart: Der Bau soll 30 Schuh in der Länge und 16 - 18 Schuh in der Breite sein. (In Hessen entsprach die alte Maßeinheit „Schuh“ damals 25 cm.) Die Mauern werden 2 Schuh hoch sein. Darauf verspricht Kehl das gesamte Fachwerk in Eiche zu erstellen, der Dachstuhl soll aus Tannenholz gearbeitet sein. Die Stufen vor dem Thoraschrein müssen aus Stein sein. Die Decken der beiden Räume sollten gewölbt sein, die Schreinerarbeit muss blau angestrichen werden, die Maurerarbeit weiß. Das Ganze soll in einem Jahr fertig gestellt werden.
Die Glaserarbeiten fielen nicht in den Aufgabenbereich von Meister Kehl, allerdings musste er sich verpflichten das Wohnhaus, falls es beim Abriss der alten Synagoge mit beschädigt würde, ohne Lohn wieder zu restaurieren.
Dieser Vertrag wurde am 07. May 1827 geschlossen zwischen:
Sebastian Kehl
Der Sinagogen Elteste Seelig Wertheim (?)
Jandoß Nussbaum
Herz Dannen Baum
Meier Nussbaum
Am 08.05.1827 legten Liebmann Nußbaum und Seelig Abraham Wertheim den Vertrag beim Landratsamt in Hünfeld vor.
Am 19.11.1827 wird der Riß (Zeichnung) der neuen Synagoge dem Seelig Nussbaum von Eiterfeld übergeben.
Im Frühjahr 1829 scheint der Bau endlich Gestalt anzunehmen. Vorher waren noch Beschwerden von der Gastwirtschaft Hodes und Heinrich Marschall gekommen, dass die Synagoge zu weit in die Straße gebaut werde und Licht und Aussicht nehme.
Der Bauverlauf scheint auch nicht sehr zufriedenstellend abzulaufen, immer wieder muss der Meister Kehl angemahnt werden, die Arbeiten erscheinen der jüdischen Gemeinde zu schlecht und Kehl arbeitet nur gegen Vorschuss.
Im Jahr 1830 kann der Bau dann endlich in Betrieb genommen werden, ein genaues Datum ist nicht bekannt. Im September 1849 gibt es schon wieder Reparaturbedarf am Dach der Synagoge, was die Qualität der hier geleisteten Arbeit in Frage stellt. Die Synagoge war 7,50 m lang und 4,25 m breit, die Grundmauern waren 0,50m hoch, darauf aufgesetzt das Fachwerk. An der Frontseite waren zwei hohe oben gerundete farbige Fenster. Die Eingänge lagen in dem Gang zwischen dem heutigen Haus Hodes und der Synagoge. Die Eingänge für Männer und Frauen waren getrennt. Es gab 52 Männerplätze und auf einer Empore 24 Frauenplätze. Insgesamt reichte das Gestühl für 100 Personen.
Am 17. Januar 1884 wurde ein Thora-Einweihungsfest mit Festzug gefeiert. Beteiligt waren daran die Honoratioren des Dorfes, der Amtsrichter, der Doktor und der Bürgermeister.
Die jüdische Gemeinde Eiterfeld gehörte zum orthodoxen Rabbinat Fulda. Die Befolgung der religiösen Vorschriften im Jahreslauf und im täglichen Leben gehörte für die Eiterfelder Gemeinde zur Selbstverständlichkeit. Um dem Gebot der Sabbatruhe gerecht zu werden, hatte man für Dinge wie Licht machen, Essen aufwärmen oder anfeuern einen so genannten Schabbes-Goi, einen christlichen Nachbarn, der diese Dinge im jüdischen Haushalt erledigte.
In manchen Haushalten wurde das Essen für den Sabbat vorgekocht und in einem speziellen Wärmebehälter in der Ofenkachel warm gehalten.
Um das Sabbat-Gebot „Du sollst am Sabbat nicht aus deinem Ort weggehen“ einhalten zu können, waren am Ortsende so genannte Schabbesbalken angebracht. Es waren lange Stangen, verbunden mit Drähten, wie zu einem Tor. Das Ganze war so hoch, dass ein Erntewagen darunter durch fahren konnte. Der gläubige Jude durfte am Sabbat nicht aus diesem Bereich hinausgehen.
„Ebenso gibt es das so genannte Schulrufen der israelitischen Gemeinde. Dieses Schulrufen hatte nichts mit der wirklichen Schule zu tun, vielmehr wurden durch einen Schulrufer die Gläubigen der jüdischen Gemeinde, die ja keine Kirchenglocken hatten, zum Gottesdienst gerufen. Dieses war umso wichtiger, da sich die Gottesdienstzeiten während des Jahreslaufs verschoben.
Im Juli 1852 gab es eine Anzeige beim Landrat in Hünfeld. Zwischen 3 und 5 Uhr morgens geschehe oft ein überlautes Schreien auf der Straße ca. 50 Schritte vom Haus entfernt „Meier!“, so dass man glaubt den Notruf „Feuer“ zu hören.“
Die Synagoge von Eiterfeld wurde wie so viele in Deutschland in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 zerstört. Anlass war das Attentat des Herschel Grünspan auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath in Paris. Was aussehen sollte wie eine spontane Sühneaktion des deutschen Volkes war in Wirklichkeit eine gezielte brutale Aktion der Nationalsozialisten gegen die Juden.
In Eiterfeld existierte zu diesem Zeitpunkt eigentlich keine jüdische Gemeinde mehr, bis auf eine Familie waren alle Juden von hier abgewandert.
Am Abend des 09. November 1938 zerstörte eine Horde auswärtiger Nazis das Dach der Synagoge und stieg von dort ein. Sie demolierten den Innenraum und entfachten ein Feuer auf dem Lesepult, löschten es aber kurz darauf wieder, um ein Übergreifen der Flammen auf die Nachbarhäuser zu vermeiden. Das stark zerstörte Gebäude wurde später ganz abgerissen, die noch brauchbaren Steine wurden von Nachbarn abtransportiert und weiter verwandt.
Später wurde an dieser Stelle ein Supermarkt erbaut. Heute befindet sich da, wo einst die Synagoge der jüdischen Gemeinde Eiterfeld stand, ein Parkplatz.
Am 09.11.2018, zum 80. Jahrestag der Pogromnacht, wurde an dieser Stelle vom Heimat- und Geschichtsverein Eiterfeld eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Synagoge der einstigen jüdischen Gemeinde angebracht. Ein wunderbarer Zufall wollte es, dass wir kurz zuvor ein Foto des Synagogenschlüssels bekamen. Dieser und ein Bild aus dem Inneren der Synagoge waren von der Familie Müller gerettet und nach Amerika gebracht worden. Die einzigen Relikte, die noch existieren, außer der Erinnerung, die wir hiermit wachhalten wollen.